Wann genau der große Granitstein (1600 x 650 x 300) auf dem neuen Liebethaler Friedhof aufgestellt wurde, wissen wir nicht. Im Kirchenarchiv befindet sich ein Schriftwechsel zwischen Pfarrer Richard Wagner und dem Kunstdienst des Landeskirchenamtes vom Juni 1956, aus dem hervorgeht, dass damals ein geeigneter Ort für einen Gedenkstein gesucht wurde. Auch von einem Gefallenenbuch ist die Rede, ob es je angelegt wurde, wissen wir nicht.
Bis zum 6. Oktober 2020 stand der Gedenkstein auf dem seit 2010 geschlossenen neuen Liebethaler Friedhof. Er war in einem Rhododendronbusch eingewachsen. Der Stein trägt folgende Beschriftung: AUF DICH TRAUEN WIR PSALM 7 DEN OPFERN DES II. WELTKRIEGES ZUM GEDENKEN DEN LEBENDEN ZUR MAHNUNG. Spuren auf der Rückseite deuten darauf hin, dass dort noch eine Tafel befestigt gewesen sein könnte. Vielleicht trug sie die Namen der Opfer?
Der Kirchenvorstand hat die Empfehlung des Liebethaler Ortskirchenausschusses aufgenommen und die Umsetzung des Steins an die Liebethaler Kirche beschlossen.
Wir wissen nicht, wie viele Männer, Frauen und Kinder aus den Dörfern der Kirchgemeinde Liebethal Opfer von Kriegen wurden.
Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) haben die Soldaten auch in Liebethal und Umgebung schlimm gehaust. Sie raubten und plünderten, dass kein Mensch seines Lebens und Gutes mehr sicher war. 1637 musste am Karfreitag, Ostern und Misericordias Domine der Gottesdienst wegen Kriegsunruhen ausfallen. Die Soldaten zerschlugen das Vorlegeschloss am Gotteskasten, raubten die Wachskerzen, Krankenkommuniongefäße, die Schlösser an der Kirche, die Uhrleinen. Die wertvollen Sachen: Kirchenornat, zinnerne Leuchter und Kannen, Bibel, Kirchenregister hatte man nach Stolpen in Sicherheit gebracht. Am Ende des Krieges gab es in Liebethal und Mühlsdorf viele wüste Häuser und es dauerte längere Zeit, ehe sie wieder aufgebaut wurden.
Neue Unruhen brachte der Siebenjährige Krieg (1756-63), während dessen viele schlechte Münzsorten eingeführt wurden, so dass die Kirchkasse wegen Münzfalles einen Verlust von 253 Talern und 9 Groschen erlitt.
Schlimm erging es den Liebethalern auch im Jahre 1813.
Eine Gedenktafel im Eingangsbereich erinnert an zwei Opfer des Deutsch-Französischen Krieges von 1870.
Der Gedenkstein für die Opfer des 1. Weltkriegs nennt die Namen von 69 Männern aus Bonnewitz, Jessen, Liebethal und Mühlsdorf. Nur von zwei Liebethalern wissen wir näheres. Sie stehen exemplarisch für die vielen anderen.
Hermann Max Fiedler, geboren am 21.10.1883 in Wilschdorf, gefallen am 25.12.1914 in Moronvilliers in Frankreich im Alter von 31 Jahren. Von Beruf war er Geschirrführer, später Fabrikarbeiter. Er heiratete am 16.04.1906 die in Wünschendorf geborene Ida Hedwig Lau aus Liebethal. Mit ihr hatte er sechs Kinder, von denen drei nicht einmal sechs Monate alt wurden. Seine Frau starb im Alter von 41 Jahren in Liebethal.
Wilhelm Theodor Meschke, geboren am 19.10.1888 als Sohn des Liebethaler Schneidermeisters Friedrich Wilhelm Meschke und dessen Frau Anna Marie geb. Martin. Er war ledig, von Beruf Fleischergeselle in der Fleischerei Emil Meißner in Dresden-Pieschen und 1916 noch in Liebethal gemeldet. Er fiel im Alter von 27 Jahren am 21.08.1916 bei Estrées-Deniécourt/Somme.
Vielleicht gelingt es ja, noch weitere Spuren von Kriegsopfern aus den Dörfern unserer Gemeinde vor dem Vergessen zu bewahren.
Matthias Piel